Was sind die Mindeststandards für einen Ort, der sich Locus nennen darf?
Im Kern geht es dabei um den sogenannten „Wohlfühlfaktor“, denn die Notdurft ist nun mal eine äußerst sinnliche Angelegenheit. Deswegen muss der Ort ihrer Verrichtung nicht gleich zur Wellnessoase werden. Dafür bleibt dem Notdürftigen im Normalfall auch nicht die Zeit. Zumindest nicht im öffentlichen Bereich. Funktionstüchtigkeit und Sauberkeit vorausgesetzt, geht es darum, dass Augen, Hände, Ohren und Nase auch als aktive (Körper)Teile der Verrichtung aufgefasst werden. Dass Sehen, Anfassen, Hören und Riechen ihren eigenen Anteil am Vergnügen oder Missvergnügen haben, ja die Notdurft überhaupt erst zum Vergnügen machen können.
Aber nicht nur die materielle und ästhetische Ausstattung sondern, auch die Großzügigkeit des räumlichen Zuschnitts sind notwendig um den Notdürftigen ihre Würde zurück zu geben bzw. ihnen d e n Respekt zu erweisen, der ihnen auch im sonstigen Leben zusteht. Dabei steht vor allem der Vorgang des Waschens, Reinigens und des Zurechtmachens im Mittelpunkt. Hiermit macht sich der Notdürftige wieder zum Kulturwesen und damit bereit für die menschliche Gemeinschaft außerhalb des Locus. Die technischen, architektonischen und hygienischen Möglichkeiten, aus dem allseits verdrängten „stillen Örtchen“ einen excellenten Locus zu machen, sind längst vorhanden.
Was fehlt ist (meistens) die Vorstellung und der Wille.